Es gibt sie noch – die Momente, in denen man einen Post auf Facebook sieht und spürt, wie alles vor Aufregung und Freude zu kribbeln beginnt. Weil man auf eine Idee gestoßen ist, die sofort begeistert – Kopfkino auslöst – und unbedingt weiter getragen werden muss.
So eine Idee hatte Kristin von youdesignme. In meinem Interview mit ihr liest du, wie sie ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat und andere nun durch ihre Malreise ebenfalls anstecken möchte.
Mein Interview mit Kristin von youdesignme
Liebe Kristin,
du bist freie Illustratorin aus Berlin mit einem breiten Portfolio – du bietest Illustrationen für Hochzeiten und individuelle Portraits an, gestaltest aber auch Rezepte, designst Stoffe und leitest Malkurse.
Wie bist du dazu gekommen? War das schon immer dein Traumberuf?
Ja ich bin relativ breit aufgestellt – das Gute ist, dass sich die meisten Bereiche gegenseitig beeinflussen. Motive, die ich für meine Kurse erstelle, kann ich beispielsweise auch für meine Stoffentwürfe verwenden. Und auch meine Portraits verbinde ich gern mit floralen Elementen, die dann an anderer Stelle wieder auftauchen.
Das Malen begleitet mich schon von Klein auf. Nach meinem Innenarchitektur Studium habe ich ein paar Jahre in dem Bereich gearbeitet, viele Perspektiven gezeichnet, sowie Teppich- und Tapetendessins für Hotelketten oder private Bauherren entworfen. Auch auf meinen Reisen habe ich immer ein Skizzenbuch dabei, ich glaube seit ich 14 bin mache ich das schon. Und über solche Reiseillustrationen habe ich dann meinen ersten großen Auftrag für ein kanadisch / amerikanisches Magazin bekommen.
Seit dem hat sich viel getan und es war klar, dass es irgendwann entweder Innenarchitektur oder Illustration heißen musste. Die Frage ließ sich dann relativ leicht beantworten, denn ja, Illustration war eigentlich schon immer mein Traumberuf.
Auf deiner Website schreibst du, dass du analog am liebsten mit Bleistift und Aquarell arbeitest. An welchen Orten zeichnest du denn am liebsten? Im Sitzen oder im Stehen? Allein oder in der Gruppe?
Für Reiseskizzen ist der Ort aus meiner Sicht schon fast nebensächlich. Man kann aus jedem Winkel etwas aufs Papier zaubern. Das ist der große Vorteil zur Fotografie – hier stört kein Mülleimer oder Bauzaun. Ich entscheide selbst, was aufs Motiv kommt.
Doch davon abgesehen, male ich am Liebsten in der Natur oder in kleineren Städten, wo nicht so viel um mich herum passiert, das für Ablenkung sorgt. Im Alltag kann man gut die Zeit nutzen, während man auf einen Anschlusszug wartet oder auf sein Essen. Auf Reisen ist das sogenannte urban sketching schon zu einem festen Bestandteil geworden. Das heißt, Cafés werden strategisch gesucht: das mit dem besten Ausblick gewinnt, im Park sucht man sich die Bank aus, von der man das schönste Motiv vor Augen hat usw. Bislang male ich meist allein, außer natürlich wenn ich jemandem Privatstunden gebe oder einen Malkurs leite.
Deine Inspiration holst du dir in der Natur, das kann man in deinem Instagram Profil gut erkennen. Hast du ein Lieblingsmotiv, das du immer und immer wieder zeichnen könntest?
Ja, Julia, da sagst du was. Pflanzen sind meine Lieblingsmotive. Ich selbst habe mittlerweile so viele Pflanzen zu Haus, die ich fast alle schon gemalt habe. Dazu entsteht auch gerade eine Ausstellung die Anfang August hier in Berlin eröffnet wird. Lustigerweise sind bei mir bis vor ca. 4 Jahren noch alle Pflanzen eingegangen. Mittlerweile habe ich eine große Sammlung von selbst gezogenen Pflanzen und Ablegern, die ich auch liebend gern verschenke.
Im August veranstaltest du deine erste Malreise nach Havelberg.
Was genau kann man sich darunter vorstellen? Wie läuft diese Reise ab?
Oh das wird so spannend. Diese Malreise geht über 3 Tage für 9 Teilnehmer. In diesem kleinen Kreis werden wir zusammen mit unseren Skizzenbüchern die Stadt und die wunderschöne Landschaft erkunden.
Es gibt 5 Workshops in denen ich quasi all mein Wissen und meine Erfahrung zum urban sketching oder auch Plein Air Malerei vermitteln werde. Dabei gehe ich auf verschiedene Maltechniken und Grundlagen ein, wir werden sehr viel Malen und dabei lernen – also mit vielen praktischen Übungen. Denn beim Machen lernt man aus meiner Sicht mehr, als wenn jemand etwas nur erklärt und man danach ausprobiert.
Neben den Malkursen gibt es aber auch Zeit, die jeder Teilnehmer individuell oder in der Gruppe verbringen kann.
Alle Informationen zur Malreise auf Kristins Website:
https://youdesignme.wordpress.com/malreise-havelberg/
Für wen ist die Malreise gedacht? Sind Vorkenntnisse nötig oder können auch Laien wie ich teilnehmen?
Diese Reise richtet sich an absolute Anfänger und an all jene die bereits Freude am Skizzieren und Malen haben, aber das Motiv dann doch nicht so werden will, wie gedacht.
Im ersten Workshop malen die Teilnehmer erst einmal ohne Einführung drauf los und ich kann mir ein Bild machen, wieviel Erfahrung jeder mitbringt. So kann ich mich auf jeden individuell einstellen. Es wird in jedem der 5 Workshops Wissen für alle gemeinsam vermittelt und dann verbringe ich mit jedem individuell Zeit um auf die jeweiligen Fragen einzugehen.
Du entführst die Teilnehmer nach Havelberg. Warum ausgerechnet diese Stadt?
Mit meinem ehemaligen Chef Eckhard Feddersen bin ich oft Malen gegangen und habe so die Freude am Aquarell entdeckt, auch heute treffen wir uns noch regelmäßig und besprechen unsere Skizzenbücher. Im Oktober hatte er mich und ein paar befreundete Architekten nach Havelberg eingeladen um dort ein Wochenende zu malen mit anschließender Ausstellung.
Auf dieser Malreise habe ich mich direkt in die kleine Hansestadt verliebt und ein paar nette Kontakte geschlossen. Da lag es dann für mich nahe und war auch von der Planung und Organisation her einfacher. Als Kursleiter ist es gut, den Ort und die besten Plätze zum Zeichnen kennen.
Hast du schon weitere Reiseziele für Malkurse im Visier?
Auf jeden Fall. Gerade habe ich mich mit Artist Travel zusammen getan. Artist Travel ist DER führende Veranstalter für Malreisen und ich freue mich riesig, dass ich nun zu den Dozenten gehöre. Im März geht es auf nach Föhr, im Mai auf die großartige Insel Hiddensee, im Juni nach Sankt Peter Ording und im September nach Spiekeroog. Ganz im Hinterkopf schwirrt die Idee, dass Havelberg aber auch nochmal selbst geplant auf dem Programm steht. Wie schön wäre es, wenn das ein jährliches Event wird?!…
Und wie ist die Idee zu diesem besonderen Reise-Malkurs entstanden?
Das kann ich dir gar nicht so genau beantworten. Ich finde Reiseskizzen sind eine ganz tolle Art, Erlebnisse festzuhalten.
Du kennst das vielleicht, dass man sich nach dem Urlaub manchmal fragt „Wo ist denn dieses Foto entstanden? Ich kann mich gar nicht mehr erinnern.“. Wenn ich eines meiner Skizzenbücher aufschlage – und das sind viiiele – weiß ich genau, welches Bild wann und wo entstanden ist. Ich kann zu jedem Motiv die Geschichte erzählen und das ist so fantastisch. Vor zwei Jahren war ich 10 Tage von Südschweden nach Oslo unterwegs – dieses Reiseskizzenbuch mit über 90 Motiven ist für mich wie ein kleiner Goldschatz.
Diese Freude möchte ich gern mit anderen teilen:
Runterkommen – kein Handy – keine Hektik – keine Uhrzeit und im Hier und Jetzt sein. Keine Angst haben, sich einfach mal mit dem Skizzenbuch irgendwo hinzusetzten. Und vor allem an den Punkt kommen, dass man wirklich auch in z.B. 20min ein Motiv fertig stellen kann, ohne es zu zerdenken.
Es ist großartig, wenn man nach dem Urlaub nach Hause kommt und mit seinen Bildern zeigen kann, wo man war.
Kurz und knackig:
Kaffee oder Tee?
Tee
Früher Vogel oder Nachteule?
beides, früh auf und spät ins Bett
Berge oder Meer?
Meer, ich bin ein Küstenkind
Europa oder Asien?
Europa
Gibt es noch etwas, was wir unbedingt über dich oder deine Illustrationen wissen sollten? 😊
Ja – in meinen Malkursen höre ich oft: „Ich kann das eigentlich gar nicht.“ oder „Ich wollte mal wieder anfangen. Seit der Schulzeit habe ich nicht mehr gemalt, weil mein Lehrer …“
Ich habe mit genauso wackeligem Strich angefangen, wie wohl die meisten. Und auch ich hatte Lehrer, die mir mit ihrer Kritik oder Vorstellung von „das muss so oder so sein“ die Freude am Malen genommen haben.
Wer also denkt, so eine Reise sei nichts für ihn, weil er nicht malen kann, aber eigentlich doch schon irgendwie Interesse hat, der sollte einfach loslegen. Wenn nicht mit mir nach Havelberg, dann für sich selbst, vielleicht mit einem meiner Onlinekurse. Man sollte sich nicht beirren lassen, oder sich selbst unter Druck setzten. Machen ist das Wichtigste, der Rest kommt. Ich stecke gern andere mit meiner Leidenschaft fürs Malen an.
Vielen Dank, liebe Kristin!
Ich bin schon sehr auf die Ergebnisse deiner ersten Malreise nach Havelberg gespannt und, wer weiß, vielleicht treffen wir uns ja mal zum Malen und Reisen in Thüringen? 🙂
Imagefilm zur Malreise
Malreise nach Havelberg vom 02.-04.08.2019